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Untitled Document Der Beitrag von Margret und Paul Baltes zur psychologischen Forschung

Das von Margret und Paul Baltes gemeinsam herausgegebene Buch �Successful Aging: Perspectives From the Behavioral Sciences� (1990) gilt als Meilenstein f�r die perspektivische Erneuerung der psychologischen Alternsforschung. Hier begr�ndeten sie mit einem theoretischen Modell, das seitdem in der Forschung Erfolge feiert, einen erweiterten Blick auf die menschliche Entwicklung im Alter. Die gerontologische Forschung hatte sich bis dahin vornehmlich mit der abnehmenden Leistungsf�higkeit �lterer Personen besch�ftigt. Die positive Entfaltung in den sp�teren Lebensphasen hingegen und Mechanismen des Ausgleichs von Defiziten waren Forschungs-schwerpunkte, die erst von den Baltes ins allgemeine Blickfeld ger�ckt wurden. Seit vielen Jahren hatten die beiden Wissenschaftler in ihren eigenen Arbeiten nachgewiesen, dass die Defizitfixierung der Gerontologie wesentliche Merkmale des Alterns au�er Acht lie�. Mit �Successful Aging� pr�sentierten sie nun die Theorie �selektiver Optimierung mit Kompensation�, mit der sie in der Forschung erfolgreich das neue Paradigma etablierten. Ihrer Theorie zufolge machen Menschen Einbu�en in der Leistungsf�higkeit zu einem betr�chtlichen Grade wett, indem sie ihre Ressourcen selektiv einsetzen, um die Defizite zu begrenzen und um in wichtigen funktionalen Bereichen zu re�ssieren. Mit selektivem Ressourceneinsatz, mit ihrer Erfahrung und sozialen Autorit�t k�nnen �ltere Menschen ihr Handeln und ihren Erfolg in der Umwelt optimieren.

Der Beitrag von Margret und Paul Baltes reicht aber weit �ber diese neue Betrachtungsweise hinaus. Sie verdeutlichten, dass die Phase des Alters in die Perspektive der gesamten Lebensspanne ger�ckt werden muss. Wie jede Phase menschlicher Entwicklung ist auch das Alter mit Verlusten und Gewinnen verbunden. Solche Gewinne, die vor allem das �dritte Lebensalter�, also etwa zwischen 65 und 80, auszeichnet, liegen in einer h�heren Sozial- und emotionalen Kompetenz, in historischer und Lebenserfahrung und der F�higkeit zu gezieltem Ressourceneinsatz. �ltere Menschen k�nnen damit nicht nur ihr Leben erfolgreich meistern und positiv in der Gesellschaft wirken, sondern sich auch als Pers�nlichkeit weiter entwickeln.

Margret Baltes hat durch ihre Forschungsarbeiten die Gerontologie in mehrfacher Hinsicht nachhaltig bereichert. Zu nennen sind an erster Stelle ihre seit etwa Mitte der 1970er Jahre vorgelegten lerntheoretisch inspirierten Arbeiten zur Entstehung, Aufrechterhaltung und Modifikation von unselbst�ndigem Verhalten alter Menschen. Sie arbeitete empirisch die Schl�sselrolle heraus, die dabei der sozialen Umwelt zukommt. Das von ihr identifizierte �Unselbst�ndigkeits-Unterst�tzungsmuster� der sozialen Umwelt im Umgang mit alten Menschen z�hlt heute zu den klassischen Ergebnissen der psychologischen Gerontologie �berhaupt. Diese Arbeiten f�rderten die f�r die heutige Gerontologie so wichtige Sichtweise, dass Altern nicht durch biologischen Abbau von F�higkeiten determiniert ist, sondern soziale, r�umliche und gesellschaftliche Bedingungen wesentlichen Einfluss auf diesen Prozess nehmen, der daher als gestaltbar zu betrachten ist. Die in den Arbeiten von Margret Baltes nachgewiesene hohe Plastizit�t des Verhaltens im Alter m�ndete in konkrete Trainingsprogramme zur Verbesserung der Kompetenzen von Pflegepersonal und damit zur F�rderung der Selbstst�ndigkeit alter Menschen.

Weitere Forschungsarbeiten betrafen die Alltagskompetenz im Alter, f�r die sie ein interdisziplin�r angelegtes Modell und Pr�diktoren f�r interindividuelle Unterschiede entwickelte, sowie die kognitive Plastizit�t im Alter, unter besonderer Ber�cksichtigung dementieller Prozesse. Mit Hilfe des �Grenztestens� (�testing the limits�) lieferte sie diagnostische Beitr�ge zur Fr�herkennung von Demenz und zeigte damit die Bedeutung psychologischer Methoden f�r die Demenzforschung auf.

Paul Baltes interessierte sich schon fr�h f�r das Potential kognitiver Funktionsf�higkeit bei Erwachsenen und im h�heren Alter. Seine Arbeiten im Bereich der kognitiven Trainingsforschung haben empirisch �berzeugend nachgewiesen, dass kognitives Entwicklungspotential im Alter fortbesteht - aber auch, in welchen Grenzen dies der Fall ist. Das Interesse am Potential des h�heren Alters brachte ihn zur psychologischen Erforschung eines der wenigen positiven Altersstereotype, der Weisheit. Er etablierte ein neues Erhebungsmodell und zeigte unter anderem, dass man nicht automatisch mit dem Alter weise wird, sondern das dies eher selten der Fall ist. Paul Baltes erforschte ebenso die Ursachen von Funktionsverlusten. Er wies nach, dass H�ren, Sehen und Gehen mit zunehmendem Alter vermehrte kognitive Ressourcen ben�tigen. Schlie�lich trat er in j�ngerer Zeit immer mehr daf�r ein, die Untersuchung der Entwicklung des Verhaltens mit der Erforschung neuronaler Mechanismen und gesellschaftlicher Bedingungen zu verkn�pfen.

Paul Baltes initiierte die Berliner Altersstudie (BASE), die biomedizinische, psychia-trische und psychologische mit soziologischen und �konomischen Sichtweisen des Alterns verbindet. Er gab zusammen mit Neil Smelser die International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences (Elsevier 2001) heraus. Paul Baltes rief die International Max Planck Research School �The Life Course: Evolutionary and Ontogenetic Dynamics (LIFE)� ins Leben, ein gemeinsames und interdisziplin�res Doktorandenprogramm des Berliner Max-Planck-Institutes f�r Bildungsforschung, der Humboldt-Universit�t und der Freien Universit�t Berlin sowie der Universit�ten von Michigan und Virginia. Sie widmet sich der Erforschung des systemischen Wandels im menschlichen Verhalten in verschiedenen Zeithorizonten der Evolution und Ontogenese. 2004 gr�ndete Baltes das bis heute h�chst erfolgreiche Max Planck International Research Network on Aging, ein interdisziplin�res, virtuelles Institut, an dem Einrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft, das schwedische Karolinska Institut und die Universit�t Virginia beteiligt sind. Baltes initiierte zudem im selben Jahr die interdisziplin�re Arbeitsgruppe �Chancen und Probleme einer alternden Gesellschaft � Die Welt der Arbeit und des lebenslangen Lernens� � jetzt �Akademiengruppe Altern in Deutschland� -, die von der Leopoldina und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) getragen und von der Jacobs Foundation unterst�tzt wird.




Paul Baltes pr�sentiert die erste englischsprachige Ausgabe der Berliner Altersstudie, erschienen 1999 (Aufnahme aus dem Jahr 2000)


Paul Baltes mit einer neuen Auflage der BASE-Studie und der �International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences�, die er zusammen mit Neil Smelser herausgab


Margret Baltes 1987 beim �Successful Aging�-Workshop der European Science Foundation in Schlo� Ringberg


Paul Baltes als Direktor am Max-Planck-Institut in Berlin 1998